Ich möchte versuchen, etwas über die Anatomie des Blattes zu erklären und dabei vor allem auf die funktionale Anatomie eingehen. Ich beschränke mich bei dieser Betrachtung auf die Angiospermen, die Bedecktsamer oder Blütenpflanzen. Ob Mais, Echinodorus oder Tanne - die Blütenpflanzen sind mit über 200.000 Arten die grösste Abteilung im Reich der Pflanzen.
Den grössten Einfluss auf die Form und den inneren Bauplan hat das Wasserangebot. So kann man die Blütenpflanzen in 3 Ökotypen, einteilen:
Mesophyten
Pflanzen, bei denen es weder zu feucht noch zu trocken ist
Hygrophyten
Pflanzen, die ganz oder teilweise im Wasser leben
Xerophyten
Pflanzen, die an trockenen oder ariden Standorten (Verdunstung höher als Niederschlag) angesiedelt sind
Die Blätter aller Blütenpflanzen haben den selben Grundbauplan. Von aussen nach innen sind das Haut-, Grund- und Leitsystem. Manche Blätter zeigen dabei eine extreme Anpassung an die Erfordernisse ihres Standortes. Dabei können Merkmale mehrerer Ökotypen gleichzeitig an einem Blatt vorhanden sein, denn die Grenzen zwischen diesen Ökotypen verlaufen nicht scharf.

Mesophyten
Das obige Bild zeigt den typischen Aufbau des Blatts eines Mesophyten im Querschnitt. Durch die Spaltöffnungen, die in der Regel vor allem an der Blattunterseite sitzen, werden Sauerstoff, CO2 und Wasserdampf mit der Luft ausgetauscht. Sie sind Teil des Hautsystems, das aus der Kutikula und den Epidermiszellen besteht. Das Verdunsten von Wasser bewirkt den Transport von Wasser und Zellsäften in vertikaler Richtung. Die Kutikula verhindert unerwünschtes Verdunsten. Das zwischen den Epidermiszellen befindliche Mesophyll ist auf die Photosynthese spezialisiert und besteht aus Palisadengewebe, welches zusätzlich auch für Festigkeit sorgt und Schwammgewebe. In beiden Gewebearten sind in den Zellen Chloroplasten, in denen die Chlorophyllreaktion abläuft.
Das Mesophyll ist von Leitbündeln durchsetzt, die dem Transport von gelösten Stoffen und flüssigem Wasser dienen.
Xerophyten
Xerophyten sind Spezialisten für die schnelle Wasseraufnahme bei Niederschlag und haben eine geringe Wasserabgabe. So haben Xerophyten oft sehr viele Spaltöffnungen an der Blattoberseite, damit sie bei Regen schnell so viel Wasser wie möglich aufnehmen können. Sie haben eine dicke Kutikula und gerne kleine Härchen, die einen zusätzlichen Verdunstungsschutz bilden.
Die Spaltöffnungen liegen oft in Vertiefungen oder haben eine Art Wachsröhre über sich.
Manche Blätter lassen die Spaltöffnungen fast immer zu und haben eine Weg gefunden, die reduzierte CO2 Aufnahme durch bessere Ausnutzung zu kompensieren. Diese Pflanzen geben in der Dunkelphase der Photosynthese kein CO2 an die Umwelt ab. Diese Pflanzen mussten dazu das C4- oder das CAM-Verfahren zur Photosynthese entwickeln.
Übrigens, das C4 Verfahren (also das Nutzen des gesamt aufgenommen CO2s) im Vergleich zum „normalen“ C3 Verfahren (Abgabe der Hälfte des aufgenommenen CO2s in der Nacht) ist nicht ein Folge des CO2 Mangels durch längeres Schliessen der Spaltöffnungen. Unabhängig haben auch einige Mesopythen dieses Verfahren entwickelt (Prof. Eschrich, Funktionale Pflanzenanatomie, Springer Lehrbuch 1995).
Hygrophyten
Für das Aquarium eigenen sich nur Hygrophyten; und von denen nicht die Feuchtpflanzen. Alle Hygrophyten, auch die reinen Wasserpflanzen, sind wieder ans Leben im Wasser angepasste Landpflanzen. Die Evolution hat die höheren Pflanzen an Land entwickelt. Bei den Hygrophyten gibt es unterschiedliche Typen:
Feuchtpflanzen
Diese Pflanzen sind an die 100% Luftfeuchtigkeit im tropischen Regenwald angepasst. Wenn sie nicht per Verdunstung Wasser abgeben, können manchen Arten einen Sprühregen erzeugen!
Schwimmpflanzen (Lotus, Wasserlinsen)
Typisch ist die Blattoberseite mit Spaltöffnungen, über die Versorgung mit CO2 und die O2 Entsorgung passiert.
Echte Wasserpflanzen (Cabomba)
Bei diesen erfolgt der Gasaustausch nicht über Spaltöffnungen sondern durch direkt durch die Epidermis. Dazu fehlt eine Kutikula völlig. Das Blatt fiedert sich auf, um eine möglichst grosse Oberfläche zu haben und der Strömung möglichst wenig Wiederstand entgegen zu setzen. Durch die fehlende Verdunstung von Wasser können die Wurzeln keine Nährstoffe transportieren und sind meist zu reinen Haltewurzeln verkümmert. Die Nährstoffaufnahme erfolgt dann über das Wasser - deswegen ist eine gute Umströmung mit nährstoffreichem Wasser wichtig.
Sumpfpflanzen (Echinodorus)
Diese Pflanzen können sowohl im sumpfigen Mileu über als auch unter Wasser leben - manchmal jedoch nur zeitweilig. Einige dieser Pflanzen, wie die Echinodorus, können zwei verschiedene Blattformen erzeugen (Heterophyllie). Dies erfolgt durch den höheren Zellinnendruck in den submersen Blättern. Dadurch werden die Epidermiszellen gestreckt und das Wasserblatt wird länglicher und dünner. Der hohe Zellinnendruck (Turgor) bei submersen Blättern entsteht durch die fehlende Verdunstung.
Luftblätter können CO2 und Stickstoff über die Spaltöffnungen aufnehmen und über das Verdunsten von Wasser den Stofftransport in vertikaler Richtung steuern. Bei untergetaucht lebenden Pflanzen ist das komplizierter:
Am meisten untersucht ist Elodea, die Wasserpest. Sie nimmt das CO2 aus dem Bicarbonat (HCO3-) auf. Alle Pflanzen müssen unter Wasser Amonium oder Nitrat aufnehmen und können keinen molekularen Stickstoff verwerten.
All dies passiert dann durch die Epidermis. Sie ist dann sehr dick, viele Zelllagen, mit dünnen Zellwänden (einfache Diffusion von Gasen) und enthält auch die Chloroplasten. So kann das aufgenomme CO2 am schnellsten zu den Verbrauchern, den Chloroplasten, in denen die Chlorophyll Reaktion abläuft, gebracht werden. Das Mesophyll ist dünn und ohne Differenzierung in Schwamm und Palisadengewebe. Leitbündel sind nur schwach entwickelt und dienen primär der Herstellung von Zugfestigkeit - sie sind also Richtung Achsenzentrum des Sprosses angeordnet.
Sumpfpflanzen wie die Echinodorus erzeugen über eine Ionenpumpe in den Wurzeln die Vertikalströmungen im Spross und haben Merkmale von Mesophyten und Hygrophyten. Bei ihnen werden CO2, Nitrat und Ammonium durch die Blätter und andere Nährstoffe durch die Wurzeln aufgenommen.
Bilder von Schnitten zur Pflanzenanatomie gibt es hier:
http://www.wunderkanone.de/Pflanzen/page41/page41.html
Gruss
Ecki